BUND Ortsverband Hofheim am Taunus

Schwarzbach in Hofheim erreicht nicht Qualitätsziele

25. März 2024

Hofheim am Taunus, 25.03.2024 – Die Abwasser-Kläranlagen der Region müssen dringend verbessert werden, um die gesetzlich in der Wasserrahmenrichtlinie festgelegten Qualitätsziele für die Bäche im Main-Taunus-Kreis zu erreichen. Mit dieser zentralen Aussage wurden die Gäste beim Experten-Vortrag von Dr. Peter Seel, initiiert vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Ortsverband Hofheim in der vergangenen Woche, am 21.03.2024, im Bürgerhaus Marxheim konfrontiert.

Mit Dr. Peter Seel, der vor seiner Pensionierung Dezernatsleiter für Gewässergüte beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) war, hatte Tanja Lindenthal, Vorstandsmitglied vom BUND Ortsverband Hofheim, einen Experten in Sachen Gewässergüte für die öffentliche Veranstaltung verpflichten können. Seel referierte zum Thema „Werden unsere Gewässer ausreichend geschützt?". Die Wasserrahmenrichtlinie wird derzeit nicht erfüllt. „Es ist noch viel zu tun, um unsere Hofheimer Gewässer in einen guten Zustand zu bringen“, so die Quintessenz von Tanja Lindenthal Sprecherin des BUND Ortsverband Hofheim.

 

Seel zeigte anhand der Daten des HLNUG, dass die Bäche in der Region wie der Schwarzbach, der Weilbach und der Wickerbach bei den Wasserorganismen, also den Kleintieren, den Fischen und den Algen, nicht die geforderte gute Qualität haben. Dies hätte nach Gesetz eigentlich bereits 2015 erreicht sein müssen. Solche Defizite seien in Hessen und ganz Deutschland allerdings die Regel und nicht die Ausnahme.

Früher habe man oft geglaubt, es reiche aus, kanalartig ausgebaute Gewässer in einen naturnahen Zustand umzubauen. Dies sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und helfe der Biologie, aber empfindliche Tierarten, kommen, wie Forschungsergebnisse zeigten, trotzdem nicht wieder zurück. Ursache sei, wie Seel mit vielen Beispielen aus der Forschung zeigen konnte, die chemische Belastung der Gewässer. Eine zentrale Rolle spiele hierbei die Abwasserentsorgung und insbesondere die Reinigungsleistung der Kläranlagen.

Die Kläranlagen im Abwasserverband Main-Taunus seien zwar gemessen an den bisherigen gesetzlichen Anforderungen gut und hätten engagiertes Personal. Das reiche aber nicht. Bei Trockenwetter und Niedrigwasser haben die Bäche einen hohen Anteil an gereinigtem Abwasser. Tausende Schadstoffe wie z. B. Arzneimittelrückstände, Haushaltschemikalien und Biozide würden so wenig verdünnt die Gewässerlebewelt belasten, da eine konventionelle Kläranlage viele dieser Chemikalien nicht eliminieren kann. Das enorme Bevölkerungswachstum in der Region in den letzten Jahrzehnten, habe zu einem höheren Abwasseranfall geführt, während durch den Klimawandel längere Trockenzeiten mit Niedrigwasser immer häufiger würden.

„Es ist völlig unrealistisch, allein durch Anwendungsverbote von bestimmten Chemikalien das Problem zu lösen; es braucht auch eine technische Lösung. Der Großteil der Arzneimittel z. B. gelange über den Urin der Patienten, die zu Hause ihre Medikamente einnehmen, in den Abwasserkanal“, so Seel. Eine technische Lösung sei die so genannte vierte Reinigungsstufe, bei der durch Aktivkohle oder Ozon die schädlichen Chemikalien größtenteils entfernt werden könnten - eine großtechnisch erprobte Methode. Während sie in der Schweiz seit sechs Jahren für viele Kläranlagen gesetzlich vorgeschrieben sei, gebe es in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zumindest größere Anstrengungen, auch ohne gesetzliche Vorgabe der Bundesebene. Hessen stehe bei der Förderung erst am Anfang. Bisher gebe es mit Mörfelden-Walldorf nur eine kommunale Kläranlage mit dieser Technik.

Da die Kosten pro Einwohner bei größeren Kläranlagen deutlich sinken, ist es sinnvoll, zunächst die größeren Anlagen am Schwarzbach in Kriftel und Lorsbach nachzurüsten. Bei kleineren Anlagen ist der Ausbau zwar technisch möglich, aber pro Einwohner unverhältnismäßig teuer. Daher sollte geprüft werden, ob z. B. die kleinen Anlagen in Wildsachsen und Langenhain nicht aufgegeben werden können, indem das Abwasser per Druckleitung z. B. nach Lorsbach zu der dortigen Kläranlage gepumpt wird. Dies würde die Wasserqualität im Wickerbach und im Weilbach erheblich verbessern, da die bisherigen nicht sehr effektiven Anlagen im Oberlauf dieser Bäche einleiten und so die Biologie praktisch der gesamten Bachläufe schädigen.

Die Diskussion zur vierten Stufe in Kläranlagen habe durch die Diskussionen auf EU-Ebene zur Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie neue Dynamik bekommen. Noch in diesem Jahr ist mit einer gesetzlichen Regelung in der EU zu rechnen, wonach die vierte Stufe rechtlich erforderlich wird für große Kläranlagen, aber auch bei mittelgroßen Anlagen an kritisch belasteten Gewässern wie dem Schwarzbach.

Die Frage im Vortragstitel wurde anhand der Fakten klar beantwortet: „Derzeit werden unsere Gewässer nicht ausreichend geschützt“, so Dr. Seel abschließend.

 

Für Rückfragen und weitere Infos:

Für weitere Informationen steht der Experte Dr. Peter Seel gerne telefonisch unter Tel: 06127-97717 zur Verfügung.

 

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